Logo neu

 

Durch den hindu-buddhistischen Einfluss in Antiochien wurden die Apostel erstmals von den Heiden als Christen bezeichnet (siehe vorheriger Beitrag). Wie sehr haben sich beide Religionen, das Christentum und der Buddhismus/Hinduismus, gegenseitig befruchtet? Hat der indische Erlösergott Krishna einen Einfluss auf die Namensgebung für den Messias gehabt?          

Teil 3 der Artikelserie „Wer ist Jesus Christus“

 

Inhaltsverzeichnis der gesamten Artikelserie

 

 

... und der Hindu-Erlöser Krishna

 

Krishna blauKrishna Holzfigur in Bangalore/Indien
© Rajesh Dangi, CC BY-SA 3.0

Der indische Erlösergott Krishna, auch Chrishna, Krichna, Krischna oder Krish’na genannt, ist in der hinduistischen Mythologie der herrlichste aller Manifestationen dieser Gottheit. Krishna ist ein Sankskritwort, welches „dunkelblau“ bedeutet. Dieser Gott wird deshalb häufig mit blauer Haut dargestellt. Die blaue Farbe ist eine symbolische Darstellung seiner wahren schwarzen Hautfarbe. Krishna wird auch mit dem griechischen Gott Apollon in Verbindung gebracht. Apollon wird ebenfalls bezeichnet als Nila-Nat’h, der blaube Gott, und Sham-Nat’h, der schwarze Gott.

Antiochia hatte eine reiche Vorstadt mit dem Nymphennamen Daphne und einem bedeutenden Apollonheiligtum. Der Sage nach wollte sich Daphne hier vor Apollon verstecken, indem sie sich in einen Lorbeerbaum verwandelte. Daher wurden die Nymphen dort verehrt. Es gab einen berühmten Hain, der den Nymphen geweiht war, zu dem viele Gläubige pilgerten. Nymphen spielen in indischen Sagen eine Rolle und der Lorbeerbaum kommt in verschiedenen Mythen der Götterwelt vor. Auch für Krishna soll er der Lieblingsbaum gewesen sein.

Es gibt eine bemerkenswerte Ähnlichkeit zwischen Krishna und dem griechischen Gott Apollon. Sowohl Apollo als auch Krishna sind die Erfinder der Flöte. Beide hüteten und beschützten die Tierherden. Beide hatten eine gewisse Beziehung zu einer Nymphe, usw.1 Antiochia, wo die Nachfolger Jahuschuahs erstmals Christen genannt wurden, war nicht nur eine christliche Hochburg, sondern auch ein Zentrum der Apollonverehrung.

Wie der Titel dieses Abschnittes bereits andeutet, könnte Christus mit dem indischen Gott Krishna in Verbindung stehen. Mancher Bibelkritiker oder auch Esoteriker mag sich bestätigt sehen und denken: „Habe ich doch längst gewusst!“ Der Bibelkritiker glaubt zu wissen, dass beide nur mythische Figuren sind und der Esoteriker sieht in Christus den inkarnierten Krishna-Erlöser. Das Sanskritwort Krishna und das griechische Krischto sind tatsächlich auch auffallend ähnliche Begriffe.

Beim Lesen der einschlägigen Literatur fällt jedoch auf, dass meist sehr oberflächlich biblische Aussagen mit heidnischen Mythen verglichen werden. Der Schluss wird gezogen, dass der Bericht über den Messias von den indischen Schriften übernommen wurde.

„Die andere Möglichkeit, dass der Krishnamythos aus dem Westen nach Indien kam, dass das Verhältnis gerade umgekehrt sein kann, wird so gut wie gar nicht berücksichtigt.“2

Der ehemalige Indologieprofessor Richard Karl Garbe (1857-1927) machte bereits vor über hundert Jahren auf die Unzulänglichkeit vieler Autoren und ihrer Schlussfolgerungen diesbezüglich aufmerksam:

„Die Ähnlichkeiten zwischen buddhistischen und neutestamentlichen Erzählungen haben einen Tummelplatz des Dilettantismus geschaffen, auf dem seit langer Zeit ein fröhliches Leben herrscht. Man erklärt dort alles nur irgendwie Ähnliche für entlehnt und hält es nicht für nötig danach zu fragen, ob die Einzelheiten der Parallelen von der Art sind, um den Gedanken eines historischen Zusammenhangs zu rechtfertigen, und ob nicht die Verhältnisse, Situationen und Stimmungen in Indien und Palästina sich so weit ähnlich gewesen sind, dass naturgemäß auch einzelne Erzählungen trotz unabhängiger Entstehung eine gewisse Verwandtschaft zeigen. Man kümmert sich dort auch oft nicht darum, wann etwa die herangezogenen buddhistischen Texte verfasst worden sind.“3

Es ist nicht nur so, dass Grundzüge des buddhistischen Kultus von der alten christlichen Kirche aus dem Buddhismus übernommen wurden; umgekehrt fanden später christliche Formen des Kultes wieder Aufnahme in den Lamaismus.4 Der ehemalige britische Professor für Pali (südostasiatische Sakralsprache) der University of London, Thomas William Rhys Davids (1843-1922), gibt in seinem Werk über den Buddhismus folgende Zusammenfassung:

Gebetskette Mala: © Аркадий Зарубин, CC BY-SA 3.0; Misbaha © Frank C. Müller, CC BY-SA 4.0;
Rosenkranz
© Richard Revel, CC0

„Fürwahr, der Lamaismus mit seinen geschorenen Priestern, seinen Glocken und Rosenkränzen, seinen Bildern, seinem geweihten Wasser, den prachtstrotzenden Gewändern, seinem heiligen Dienste mit doppelten Chören, Prozessionen, Glaubenssätzen, einem mystischen Ritual mit Weihrauch, wobei die Laien nichts als Zuschauer sind, mit seinen Äbten, Mönchen und Nonnen von vielen verschiedenen Rangstufen, seiner Verehrung der doppelten Jungfrau, von Heiligen und Engeln, mit seinem Fasten und Fegefeuer, seinen Beichten, Götzenbildern und Gemälden, seinen ungeheuren Klöstern und prächtigen Kathedralen, seiner mächtigen Hierarchie, seinen Kardinälen und seinem Papste – zeigt, wenigstens auswendig, eine außerordentliche Ähnlichkeit mit der römisch-katholischen Kirche trotz der wesentlichen Verschiedenheit ihrer Lehren und der Art ihres Denkens.“5


infoIm Katholizismus lassen sich heute noch viele eindeutige buddhistisch-indische Bräuche finden. So war beispielsweise der Rosenkranz bei brahmanischen Sekten im nördlichen Buddhismus als „japāmālā“ (japă Gebet, japā Rose) in Gebrauch. Die Schivaiten benutzen 84 Kugeln, die Vischnuiten und die Buddhisten 108. Die Zahl 84 ergab sich durch Multiplikation von 12 mit 7, indem man die 12 Zeichen des Tierkreises und die 7 Planeten (das heißt, die mit unbewaffnetem Auge sichtbare Planeten, einschließlich Sonne und Mond) zu Grunde legte; und die Zahl 108 dadurch, dass bei dieser Vervielfältigung der Mond dreifach gerechnet wurde, als zunehmender, voller und abnehmender, also 108=9x12.“6

Die Geschichten jedoch, die tatsächlich eine Ähnlichkeit mit dem Messias des Neuen Testaments aufweisen, entstanden erst später und haben ihren Ursprung deshalb nicht im Buddhismus/Hinduismus. So ist beispielsweise die Feier des Geburtstag Krishnas eine Nachbildung des christlichen Weihnachten.7. Wobei das „christliche Weihnachten“ wiederum eine Übernahme aus anderen heidnischen Kulturen ist. Die älteste zusammenhängende Darstellung von Krishnas Geburt und Kindheit findet sich in den Harivaṃśa, einem Anhängsel des Mahabharata,8 das schon im fünften Jahrhundert unserer Zeitrechnung als ein Bestandteil des großen Epos galt und nicht wesentlich früher verfasst worden sein kann. Die historische Möglichkeit dafür, dass christliche Elemente in den Mahabarata-Text eingedrungen sind, „ist unzweifelhaft“, so Richard Garbe. Der bedeutendste philosophische Text des Mahābārata ist die bekannte Bhagavadgita. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Bhagavadgita unter Einfluss des bereits vorhandenen Christentums entstanden ist. Der überlieferte Text der Bhagavadgita gehört einer Periode in der Entwicklung des Mahābārata an, die wohl in die Zeit zwischen 200 v.u.Z. und 100-200 u.Z. angesiedelt ist. Andere Gelehrte gehen davon aus, dass diese erst im dritten Jahrhundert u.Z. entstanden ist.9

infoDie grundlegende Lehre des Krishna in der Bhagavadgita sind völlig gegengesetzt zu denen Jahuschuahs im Neuen Testament. Krishna behauptet von sich, dass er der einige, höchste Gott sei, der die Welt und alle Wesen geschaffen hat und das All regiert. Das höchste Ziel des Menschen ist es, selbst zum Brahman zu werden. In der Bhagavadgītā werden zwei Heilswege vermittelt, „von denen der eine in dem Rückzug aus dem weltlichen Leben und in dem Streben nach der Erkenntnis, der andere in pflichtgemäßem, wunschlosem Handeln besteht.“ Dabei steht es dem Menschen frei, „ob er die Hindernisse, die auf dem Wege zur Erlösung liegen, bekämpfen will oder nicht, ob er niederen Zielen oder dem höchsten Ziele zustreben will.“ Gegen Zweifelsucht und Begierde werden Yogaübungen empfohlen und wem die Versenkung nicht gelingt, dessen Yogaübungen sind nicht vergeblich, denn unter günstigen Bedingungen wird der Mensch wiedergeboren und erreicht schließlich doch noch das höchste Ziel.10 Der grundlegende Unterschied:
Krishna:  Erlösung durch Erkenntnis und Selbstdisziplin.
Jahuschuah: Erlösung durch die Annahme Seines großen Opfers für uns.
Krishna: Selbsterlösung.
Jahuschuah: Erlösung nur und ausschließlich durch Ihn.

Im sechzehnten und siebzehnten Jahrhundert ist der Einfluss der modernen christlichen Mission auf das indische Geistesleben schon so stark geworden, dass religiöse Auseinandersetzungen zwischen Hindus, Mohammedanern, Christen und Juden etwas ganz Alltägliches waren. Richard Garbe nennt einige Autoren, in deren Werke man den christlichen Einfluss auf das religiöse Leben Indiens sehen kann. Man erkenne darin auch, dass diese Autoren vom zwölften bis zum Ende des sechzehnten Jahrhunderts Südinder gewesen waren. Ihre christlichen Anregungen müssen sie deshalb von den südindischen Thomas-Christen erhalten haben, welche „ein mannigfach entstelltes Christentum besaßen.“11

Die Ähnlichkeiten des indischen Krishna mit dem christlichen Jesus und zum Teil auch mit dem biblischen Jahuschuah sind unübersehbar. Wie jedoch gezeigt, hat sich diesbezüglich der Buddhismus und das Christentum gegenseitig befruchtet. Besonders die Geschichten über Krishna sind erst nach dem 1. Jahrhundert entstanden. Und trotzdem wird auch heute in der einschlägigen bibelkritischen und esoterischen Literatur behauptet, Christus sei in Indien gewesen und habe sich dort seine Weisheit angeeignet, die jedoch später in der Bibel etwas entstellt worden sei. Dabei wird meist überhaupt nicht darauf geachtet, wann einzelne Skripte und Schriften entstanden sind, die einen solchen Schluss zulassen würden.

Der biblische Messias war nicht in Indien, aber Sein Name war ursprünglich auch nicht Christus. Diesen Namen gab man Ihm erst später. Er könnte tatsächlich eine Anspielung auf den indischen Gott „Krishna“ sein, der durch das griechisch-baktrische Reich auch nach Palästina und nach Antiochia kam, wo die Apostel zum ersten Mal Christen genannt wurden. Man darf aber keinesfalls von einer Namensähnlichkeit oder Namengleichheit auf eine Wesensgleichheit schließen, wie es viele oberflächlich tun.12

Warum wurden nun die Apostel in Antiochia „Christen“ genannt? Wie im vorherigen Kapitel bereits erwähnt, war der Gnostizismus zur Zeit um die Jahrtausendwende am blühen. Die gnostischen Sekten haben unter „starken buddhistischen Einflüssen“ gestanden. Das zeigen besonders die gnostischen Pseudo-Evangelien, wie z.B. das Protoevangelium Jacobi oder die Evangelien des Thomas und Nicodemus. Diese Erzählungen sind völlig wesensverschieden von denen der kanonischen Evangelien. Sie tragen einen märchenhaften Charakter und weisen große Parallelen mit buddhistischen Erzählungen auf. Wie Garbe es ausdrückt, sind es „Wundergeschichten von echt indischem Gepräge.“13

Eine solche indische gnostisch-apokryphische Schrift ist das Kindheitsevangelium nach Thomas14. Aber bereits der Ausdruck „Evangelium“ ist schon deshalb eine falsche Bezeichnung, weil es sich in dieser Schrift überhaupt nicht um den Sohn Gottes als Erlöser von den Sünden/Tod (vgl. Römer 6, 23; 5,12; 5, 21; 8,2; 1. Mose 3,15; Römer 16,20; Jesaja 53,5; Hebräer 2,14; Johannes 12,31-32; 1. Johannes 3,8) handelt, sondern ausschließlich das Leben eines Kindes, das mit Wunderkräften ausgestattet ist und diese auch reichlich zum Guten und zum Bösen nutzt.

Krishna KindDas Krishnakind besiegt die Schlange Kalya
© www.columbia.edu; Public Domain

Dieses Jesuskind weist darin Wunderkräfte auf, die an den indischen Gott Krishna als Kind erinnern. Er wirkt Wundertaten, indem er z.B. aus Lehm Spatzen erschafft (KThom 2) oder verstorbene Kinder auferweckt (KThom 9). Dieser Knabe zeigt jedoch auch einen selbstgerechten, überheblichen, frechen und zerstörerischen Charakter. Wird er von anderen Kindern geärgert, nutzt er seine Macht, um sie zu verfluchen, was den sofortigen Tod der Kinder zur Folge hat (KThom 3). Die Eltern des verstorbenen Knaben schimpfen daraufhin Jesu Vater Josef, er dürfe nicht mehr im Dorf wohnen, „denn er tötet unsere Kinder …“ (KThom 4). Der Schulunterricht gestaltet sich auch sehr schwierig und die Lehrer scheitern reihenweise an seiner Ungezogenheit (KThom 7-8,14-15).

 

Es ist eine typisch apokryphische Schrift, die das Böse mit dem Guten vereint, wie es in den meisten gnostischen Schriften vermittelt wird und wie es in den heidnischen Religionen allen Göttern eigen ist. Dieses Evangelium entstand frühestens im zweiten Jahrhundert und war im Frühmittelalter weit verbreitet. Auch der Koran nimmt darauf Bezug, indem in Sure 5,10 über die Spatzen berichtet wird, die Īsā (Jesus) aus Lehm formte. Im Koran ist ebenfalls nicht nur das Gute, sondern auch das Böse notwendiger Teil des religiösen Lebens, sowohl auf Erden als auch im Himmel, wo diejenigen, die für Allah Ungläubige töten, Jungfrauen zum sexuellen Vergnügen versprochen wird. Das Böse wird, wie in allen heidnischen und christlich-gnostischen Lehren, am Ende nicht völlig ausgetilgt, sondern ist und wird immer Bestandteil des Lebens bleiben, ob auf Erden oder im Paradies.15 Dieser indische Jesus hat mit dem Geist und dem Erslöungsplan der Bibel sowie dem Sohn JaHuWaHs überhaupt nichts gemeinsam.

Behauptet wird, dass es der Apostel Thomas war, der in Indien das Christentum gepredigt habe und dort hingerichtet worden sei. Die Gebeine seien später nach Edessa gebracht worden. Wissenschaftlich ist erwiesen, dass die Thomas-Akten jeder historischen Grundlagen entbehren. Wie der Indologe Richard Garbe aufzeigt, hat es im dritten Jahrhundert keine Christen in den indischen Grenzgebieten gegeben.16

Krishna mit KuhhirtinnenKrishna mit den Kuhhirtinnen (Gobis)
© www.wellcomeimages.org; CC BY-SA 4.0
Der indische Christus könnte also lediglich den Namen gemeinsam haben, dessen Hirtenleben „ein lustiges und stark sinnliches Pastorale“ ist. Wie es Otto Weinreich beschreibt, „rast“ Krishna mit den Hirtinnen, die ihm zu Tausenden zu Gebote stehen, „in jugendlichem Liebesrausch“. Er habe in volkstümlichen Kulten „immer zu allerlei Tollheiten Anlass gegeben und vielen Ausschweifungen als Vorwand gedient.“17 Viele Geschichten über ihn und den Kuhhirtinnen zeigen eine erotische Beziehung. Beispielsweise nahm er ihnen die Kleider weg und stieg damit auf einen Baum. So konnte er sie anlocken. Der Baum erinnert stark an den Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen, von dem JaHuWaH Adam warnte, dass sie davon nicht essen dürfen. In esoterischen und heidnischen Mythen, wie auch die des Krishna hingegen, soll davon gegessen werden, um höhere Erkenntnis zu erlangen. Krishna zeugte gemäß dem Mythos Tausende Kinder und hatte neben seiner rechtmäßigen Gattin Lakschmi noch viele andere Frauen.

Krishnas DevakiMutter Devaki mit dem Krishnakind.
Beachte den Halo (Heiligenschein),
der später auch der katholischen Muttergottes gegeben wurde.

© Public Domain
Krishna wird als der achte Avatar18 des Gottes Vishnu betrachtet und verehrt. Vishnu, der Erhalter, ist die zweite Gottheit der hinduistischen dreieinigen Gottheit (Trimurti). Die erste Gottheit ist Brahma, der Schöpfer; die dritte Gottheit ist Shiva, der Weltenzerstörer.19 Vishnu, als Beschützer der Welt, nahm zwanzig verschiedene Gestalten an. Er erschien zuerst halb Fisch, halb Mensch und rettete so die heiligen Bücher vor der großen Überschwemmung. Anschließend verwandelte er sich in eine Schildkröte und rettete so die Erde, indem sie sich darunter stellte. Als Zwerg bekämpfte er die bösen Geister und Riesen, welche das Unheil der Welt wollten. Die „merkwürdigste Verwandlung“ aber war die in den „schwarz-gelockten Gott Krishna“. Denn wenn es notwendig wurde, verwandelte sich Vischnu immer in der Gestalt Krishnas zum Menschen, „um seinen Verwandten, den Pandus, den Sieg zu verschaffen“.20

Was soll dieser indische „Erlöser“ mit dem biblischen Messias gemeinsam haben? Wie aber kommt es, dass der Name eine enorme Ähnlichkeit aufweist bzw. fast identisch ist? Der Gründer der Internationalen Gesellschaft für Krishna-Bewusstsein (ISKCON) A.C. Baktivedanta Swami Prabhupada (1866 bis 1977) weist in einem Gespräch mit dem ehemaligen Benediktinermönch Emmanuel Jungclaussen vom Kloster Niederalteich auf die Herkunft des Namens Christus hin:

“Christus ist die griechische Version von dem Wort Krishna […] Wenn eine indische Person Krishna anruft, sagt sie häufig „Krsta“. Krsta ist ein Sanskritwort mit der Bedeutung „Anziehungskraft“. Wenn wir also Gott mit „Christus“, „Krsta“ oder „Krishna“ ansprechen, so handelt es sich um dieselbe alles anziehende höchste Gottheit. Als Jesus sagte: „Unser Vater, der Du bist im Himmel, geheiligt sei Dein Name“, so war dieser Name Krsta oder Krishna. […] „Christus“ ist eine andere Art Krishta zu sagen und „Krishta“ ist eine andere Art Krishna, den Namen Gottes, auszusprechen. [Derzeit sind wir in den Fängen der materiellen Energie. Deshalb beten wir zu Krishna, dass er uns vom Dienst der materiellen Energie erlöst und uns in den Dienst der geistlichen Energie annimmt.“21

Der frühere französische Anwalt und Kolonialrichter in Indien Lous Jacolliot (1837 – 1890) vergleicht in seinen Studien zu den „Wurzeln des westlichen Okkultismus“ Krishna mit Jesus Christus, den er „Jezeus Christna“22 nennt. Auch wenn seine Studien hierüber doch sehr fragwürdig sind, so ist seine Aussage zum Namen wohl gar nicht so verkehrt:

“Der Name, den alle Nationen als das höchste Seinswesen zugewiesen haben, kommt von dem Sanskritausdruck Zeus. […] Die amtierenden Brahmane in Tempel und Pagoden bringen diesen Titel Jeseus oder reines Wesen oder heilige Ausstrahlung einzig mit Christna in Verbindung, der alleine als das Wort anerkannt ist, die wahre Inkarnation, von den Vischnouiten und Freidenkern des Brahmanismus.“23

Der bekannte Anthroposoph Rudolf Steiner hat die Aussagen des Messias in den Paulusbriefen esoterisch umgedeutet. Während einer Vortragsreihe sprach er beständig von einem „Christus-Impuls“, durch den die Wesenheit des Krishna in der ganzen Menschheit inkarniert wird. Er machte deutlich, dass dieser Christus niemand anderer ist als der reinkarnierte Geist des Krishna und umgekehrt habe sich Christus der Seele Krishnas bemächtigt.

„Der Lichtschein, in den sich der Christus kleidet, ist der Krishna. Und weil der Christus den Krishna zu seiner eigenen Seelenhülle genommen hat, durch die der dann fortwirkt, ist enthalten in dem, was aufstrahlt, ist in dem Christus auch alles das, was einstmal Inhalt der erhabenen Gita war.“24

Hare Krishna JuengerHare Krishna Jünger
© Anneli Salo, CC BY-SA 3.0
Für die Hare-Krishna-Jünger ist Christus wie selbstverständlich der Sohn des Krishna. Die Internationale Gesellschaft für Krishna-Bewußtsein (ISKCON) gab 1975 ein Buch mit dem Titel „Christus, Krischto, Krshna“ heraus, wo ebenfalls die Bibel esoterisch ausgelegt und für die eigenen Zwecke missbraucht wird. Sehr treffend jedoch wird auf denselben Ursprung der Namen Krishna und Christus hingewiesen:

„Obwohl jeder Name Gottes gleich gut ist, ist der Name Krishna der wichtigste, weil er der Name der urersten, ursprünglichen Person ist. Gott ist Einer, doch Seine Erweiterungen sind zahllos. Man mag z. B. noch so viele Kerzen an einer bestimmten Kerze entzünden - trotzdem bleibt die erste Kerze immer dieselbe. […] Christus" stammt vom grch. „Christos", und „Krischto" ist eine andere Form der Aussprache des Wortes „Krshna". Christus ist also eine andere Weise, Krshna anzurufen.“25

Auch der im 18. Jahrhundert lebende Dichter und Jurist Friedrich Leopold, Graf von Stolberg, wusste um den heidnischen Hintergrund des Christentums des Namens Jesus Christus. Er war der Ansicht, dass man die ganze Geschichte Jesu für ein Gedicht erklären müsse, weil er nach Krishna Christus genannt worden sei.26

Natürlich stammen viele solcher Aussagen von Menschen, die nicht Bibelgläubig waren. Es ist jedoch kein Wunder, wenn denkende Menschen diese Vergleiche ziehen. Denn das ist das klassische Christentum: Eine Bibel-Religion mit vielen heidnischen Einflüssen. Wobei auch an dieser Stelle gesagt werden muss, dass unser Himmlische Vater jedes aufrichtige Gebet hört, auch wenn es „Im Namen Jesus Christus“ geschieht. Nichtsdestotrotz hat aber jeder die Verantwortung, alles zu prüfen, wenn er die Gelegenheit bekommt, der Wahrheit näherzukommen. Niemand belüge sich selbst und andere, wenn er in Erfahrung gebracht und verstanden hat, wo die christlichen Quellen entspringen.

Krishna (kṛṣṇa) bedeutet „der Schwarze“ oder „der Dunkle“.27 Im Sanskrit ist Krish-ni die „Nacht“, Krishn-ikâ: Dunkelheit und Krishna ayas: ist die schwarze Schlange.28 Das Verb ghrish (sanskrit: घृष्) bedeutet einreiben, reiben, sich einreiben.29 Genau diese Bedeutung von einreiben/salben gab man später dem Ausdruck „Christus“ der zum Eigennamen und Beinamen für „Jesus“ wurde. Darauf wird in einem späteren Kapitel noch näher einzugehen sein.

Nicht nur früher scheint Krishna tatsächlich mit „Christ-na“ angesprochen worden zu sein. Auch heute noch wird „in manchen Gegenden Indiens das Wort Krishna wie Krishta ausgesprochen.“30

„Krsna, dessen Namen bis heute in vielen Teilen Indiens als Krista ausgesprochen wird und dessen helle und freundliche Religion mit ihrem ausgeprägten Theismus und ihrer Glaubenslehre war naturgemäß mit der Christenheit in weit größerem Umfang verwandt, als der Buddhismus, Jainismus oder Saivismus mit dessen besonderer Hingabe an Zeremonien und asketischen Praktiken.“31

Weitere Namen des Krishna sind „Herr“, „Gott“, „Herr der Sinne“, „Gott der Götter“, „Gott Herrscher“, „der höchste Gott“, „das höchste Selbst“, „Herr der Welt“, usw. Auch „Christus“ ist im Christentum „Herr“ und „Gott“ als gleichmächtiger Gott-Sohn neben dem Gott-Vater in Dreieinigkeit. Wie damals in den ersten beiden Jahrhunderten, so kommt heute eine solche Vermischung der heidnischen Religionen in Jesus Christus immer stärker zum Ausdruck. Gewollt oder ungewollt bringt der evangelische Theologieprofessor Thomas Schirmacher diesen Synkretismus verschiedener Religionen zum Ausdruck:

„Jesus ist für die Kirche nicht nur Urheber oder Wiederentdecker metaphysischer und ethischer Lehren, wie Buddha oder Konfuzius, nicht nur der Gesandte eines sich ihm offenbarenden Gottes, wie Mose oder Mohammed, nicht nur eine Inkarnation des Weltenherrn, der göttliche Weisheit verkündet, wie Krishna, sondern er ist dies alles zusammen und darüber hinaus Gott selbst.“32

Im Ergebnis können wir sagen, dass das Sanskritwort „Krishna“ dem Wort Krista oder Kristo entspricht und noch heute in „Christus“ seinen Ausdruck findet. Allerdings kam es zu diesem Titel/Namen Christus noch durch weitere Entwicklungen und Umstände im ersten Jahrhundert.


Weiter geht es mit Teil 3:  Wer ist „Isa“ im Koran?




1 Joseph Thomas, The Universal Dictionary of Biography and Mythology, Bd. 3, New York, 2009, S. 1343 Up

2 Otto Weinreich, Die Christusmythe – Rezension zu: Arthur Drews, Die Christusmythe, Jena 1910, in: Ausgewählte Schriften I, 1907-1921, B.R. Grüner, Amsterdam, 1969, S. 61 Up

3 Richard Garbe, Indien und das Christentum – Eine Untersuchung der religionsgeschichtlichen Zusammenhänge, J.C.B. Mohr, Tübingen, 1914, S. 12 Up

4 Der Lamaismus ist eine vorwiegend im tibetischen, mongolischen und mandschu-tungusischen Kulturkreis sowie in Bhutan, Sikkim und Ladakh verbreitete Form des Buddhismus. Up

5 Thomas William Rhys Davids, in: Richard Garbe, Indien und das Christentum – Eine Untersuchung der religionsgeschichtlichen Zusammenhänge, J.C.B. Mohr, Tübingen, 1914, S.188 Up

6 Richard Garbe, Indien und das Christentum – Eine Untersuchung der religionsgeschichtlichen Zusammenhänge, J.C.B. Mohr, Tübingen, 1914, S. 123-124 Up

7 Richard Garbe, Indien und das Christentum – Eine Untersuchung der religionsgeschichtlichen Zusammenhänge, J.C.B. Mohr, Tübingen, 1914, S. 218+255 Up

8 Das Mahabharata ist das bekannteste indische Epos. Man nimmt an, dass es erstmals zwischen 400 v.u.Z. und 400 u.Z. niedergeschrieben wurde, aber auf älteren Traditionen beruht. Up

9 Richard Garbe, Indien und das Christentum – Eine Untersuchung der religionsgeschichtlichen Zusammenhänge, J.C.B. Mohr, Tübingen, 1914, S. 182, 220, 248-249 Up

10 siehe Richard Garbe, Indien und das Christentum – Eine Untersuchung der religionsgeschichtlichen Zusammenhänge, J.C.B. Mohr, Tübingen, 1914, S. 230-242 Up

11 Richard Garbe, Indien und das Christentum – Eine Untersuchung der religionsgeschichtlichen Zusammenhänge, J.C.B. Mohr, Tübingen, 1914, S. 280-285 Up

12 Vgl. Otto Weinreich, Die Christusmythe – Rezension zu: Arthur Drews, Die Christusmythe, Jena 1910, in: Ausgewählte Schriften I, 1907-1921, B.R. Grüner, Amsterdam, 1969, S. 59 Up

13 Richard Garbe, Indien und das Christentum – Eine Untersuchung der religionsgeschichtlichen Zusammenhänge, J.C.B. Mohr, Tübingen, 1914, S.72 Up

14 Vollständiger Titel: Die Erzählung des israelitischen Philosophen Thomas über die Kindheit unseres Herrn und Heilandes Jesus Christus, berichtet von Thomas, dem israelischen Philosophen, entstanden vermutlich Ende des 2. Jahrhunderts Up

15 Manfred Jacobs, Das Christentum in der antiken Welt – Von der frühkatholischen Kirche bis zu Kaiser Konstantin, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1987, S. 50 Up

16 Richard Garbe, Indien und das Christentum – Eine Untersuchung der religionsgeschichtlichen Zusammenhänge, J.C.B. Mohr, Tübingen, 1914, S. 143-147 Up

17 Otto Weinreich, Die Christusmythe – Rezension zu: Arthur Drews, Die Christusmythe, Jena 1910, in: Ausgewählte Schriften I, 1907-1921, B.R. Grüner, Amsterdam, 1969, S. 59 Up

18 Ein Avatar ist die Form, in der ein Gott auf der Welt erscheint. Up

19 Bis jetzt existierten neun Avatare Vischnus. Der Zehnte wird noch erwartet (ein „Welterlöser“, wie ihn im Grunde alle Religionen erwarten). Up

20 Johann Konrad Friederich, Universal-Mythologie oder vollständige Götter- und Fabellehre aller Völker, Frankfurt am Main, 1839, S. 30-31.42 Up

21 Krishna or Christ The Name is the Same - A Conversation with A.C. Bhaktivedanta Swami Prabhupada, http://d6.krishna.com/krishna-or-christ-name-same Up

22 Louis Jacolliot, The Bible in India, Hindoo Origin of Hebrew and Christian Revelation, New York, 1870, S. 182 Up

23 Louis Jacolliot, The Bible in India, Hindoo Origin of Hebrew and Christian Revelation, New York, 1870, S. 107.108 Up

24 Rudolf Steiner, Die Bhagavad Gita und die Paulusbriefe, Rudolf Steiner Online-Archiv, 4. Auflage 2010, S. 40, auf: http://anthroposophie.byu.edu Up

25 Christus – Krischto – Krshna, Internationale Gesellschaft für Krshna-Bewußtsein e.V. (Hrsg.), 1975, S. 36 Up

26 Friedrich Leopold, Graf zu Stolberg, zitiert in: Carl E. Goldmann, Triumph der christkatholischen Religion: von der Geburt unsers göttlichen Heilandes Jesus Christus bis zum Jahre 1829, Band 2, München 1829, S. 408 Up

27 Patrick Hanks (Hrsg.), Dictionary of American Family Names, Oxford University Press, 2003, S. 354 Up

28 Arthur Anthony Macdonell, A Practical Sanskrit Dictionary with Transliteration, Accentuation, and Etymological Analysis Throughout, Erste indische Ausgabe, Delhi 2004, S.73.74 Up

29 Arthur Anthony Macdonell, A Practical Sanskrit Dictionary with Transliteration, Accentuation, and Ethymological Analysis Throughout, Motilal Banarsidass Publishers, Delhi 2004, S. 89 Up

30 Richard Garbe, Indien und das Christentum – Eine Untersuchung der religionsgeschichtlichen Zusammenhänge, J.C.B. Mohr, Tübingen, 1914, S. 255 Up

31 The Mythology of all Races, Bd. 6, Marshall Jones Company, Boston, 1917, S. 178 Up

32 Thomas Schirmacher, Das Christentum, 5.10.2010, S. 3, www.thomasschirrmacher.net/blog/das-christentum/?article2pdf=1; abgerufen am 02.12.2018 Up